VGS 2011 – Antwort des Hamburger Senats

Im Beitrag Wird der Vermittlungsgutschein 2011 noch ans ALG2-Bezieher ausgegeben? sind wir zuletzt der Entwicklung in Hamburg nachgegangen. Ein freundlicher Leser von Vermittlungsgutschein.info hatte uns darauf hingewiesen, dass in Hamburg für das neue Jahr (bzw. eigentlich bereits ab Anfang Dezember) anscheinend erhebliche Einschränkungen bei der Vergabe des Vermittlungsgutscheins an ALG2-Empfänger beabsichtigt sein.

Zwischenzeitlich wurde die schriftliche kleine Anfrage der Abgeordneten Elke Badde (SPD) durch den Hamburger Senat beantwortet. Zum besseren Verständnis zuerst noch einmal die Fragen an den Hamburger Senat:

1. Wie war die Integrationsquote von Vermittlungsgutscheinen im Rahmen des SGB II in den Jahren 2009 und 2010?
2. Wir beurteilt der Senat die bisherige Arbeit der Privaten Arbeitsvermittler allgemein und in Hamburg?
3. Hält der Senat den Vermittlungsgutschein für ein gutes und geeignetes Instrument, um SGB II – Empfängerinnen und Empfänger in eine sozialversicherungspflichtige Arbeit zu vermitteln?
4. Wie viele Vermittlungsgutscheine wurden 2009 und 2010 bis zum 30. November jeweils von der team.arbeit.hamburg an SGB II – Empfängerinnen und Empfänger ausgegeben? Wie viele wurden in den gleichen Zeiträumen eingelöst?
5. Wie viele Agenturen bzw. Private Vermittler sind bisher in Hamburg aufgrund von Vermittlungsgutscheinen für SGB II – Empfängerinnen und Empfänger tätig geworden?
6. Ist es richtig, dass ab dem 1. Dezember 2010 keine Vermittlungsgutscheine mehr für die Arbeitslose in der Grundsicherung für Arbeitssuchende (SGB II) mehr ausgestellt werden? Gibt es Ausnahmen? Wenn ja, welche und auf welcher Grundlage?
7. Ist es richtig, dass die Vermittler und Agenturen, die Vermittlungsgutscheine ausgeben, erst am 1. Dezember 2010 telefonisch darüber informiert wurden, dass mit sofortiger Wirkung keine Vermittlungsgutscheine an SGB II – Empfängerinnen und –Empfänger mehr ausgegeben werden? Wenn ja, warum wurde diese Vorgehensweise gewählt?
8. Werden die entsprechenden Vermittler und Agenturen noch schriftlich über diese Entscheidung und deren Beweggründe informiert?
a. Wenn ja, wann und warum ist dies bisher nicht passiert?
b. Wenn nein, warum hält die team.arbeit.hamburg, bzw. der Senat dies nicht für erforderlich?
9. Werden bundesweit keine Vermittlungsgutscheine für diesen Personenkreis mehr ausgestellt oder handelt es sich um eine Entscheidung der team.arbeit.hamburg, um einen Teil der Sparvorgaben des Bundes auf diese Weise umzusetzen?
a. Falls es ein bundesweite Vorgehensweise ist, was ist hierfür die rechtliche Grundlage? Ist die Ausgabe von Vermittlungsgutscheinen ab dem 1.1.2011 im SGB II nicht mehr vorgesehen oder handelt es sich weiterhin um eine Ermessensentscheidung? Gibt es dazu eine entsprechende Fachanweisung oder Richtlinie? Wenn ja, welche und mit welchem Datum?
b. Falls es sich um eine Entscheidung der team.arbeit.hamburg handelt, wann wurde diese in welchem Rahmen getroffen? Wer war in die Entscheidung einbezogen?
c. Falls es sich um eine Entscheidung auf Hamburger Ebene handelt, was waren die Gründe dafür, zukünftig keine Vermittlungsgutscheine für SGB II – Empfängerinnen und Empfänger mehr auszugeben?

10. Gab es im Vorwege der Entscheidung von Seiten der team.arbeit.hamburg Hinweise, dass dieses Instrument für SGBII – Empfängerinnen und Empfänger reduziert oder vollständig abgeschafft werden soll? Wenn ja, wann und in welcher Form?
11. Gab es im Vorwege der Entscheidung von Seiten der team.arbeit.hamburg Gespräche mit den Agenturen, bzw. Vermittlern, die bisher Vermittlungsgutscheine für SGB II – Empfängerinnen und Empfänger ausgegeben haben? Wenn ja, wann, in welchem Rahmen und mit wem?
12. Welchen Einspareffekt erwartet der Senat bzw. die team.arbeit.hamburg 2011 von der Einstellung des Vermittlungsgutscheins für SGB II – Empfängerinnen und Empfänger?

Antwort des Senats der Hansestadt Hamburg (datiert auf den 10.12.2010)

Der Senat beantwortet die Fragen auf der Grundlage von Auskünften der team.arbeit.hamburg, Hamburger Arbeitsgemeinschaft SGB II (team.arbeit.hamburg) und der Bundesagentur für Arbeit, Regionaldirektion Nord. Ein Teil der abgefragten Daten wird statistisch nicht gesondert erhoben beziehungsweise kann in der für die Beantwortung einer Schriftlichen Kleinen Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit mit vertretbarem Verwaltungsaufwand nicht ermittelt werden.

Dies vorausgeschickt, beantwortet der Senat die Fragen wie folgt:

Zu 1. und 5.:
Siehe Vorbemerkung

Zu 2.:
Der Senat hat sich hiermit nicht befasst.

Zu 3.:
Siehe Drucksache 19/4287. Im Übrigen hat sich der Senat hiermit nicht befasst.

Zu 4.:
Im Jahr 2009 wurden bis zum 30. November 2.820 Vermittlungsgutscheine eingelöst. Im Jahr 2010 waren es bis zum 30. November 2.868 Vermittlungsgutscheine. Im Übrigen siehe Vorbemerkung.

Zu 6. bis 8., 8. b), 9. bis 11.:
Nein. Es können weiterhin Vermittlungsgutscheine ausgegeben werden. team.arbeit.hamburg hat zur Inanspruchnahme des Vermittlungsgutscheins eine ermessenslenkende Weisung herausgegeben, die am 1. Dezember 2011 in Kraft getreten ist.
Siehe
http://www.team-arbeit-hamburg.de/deutsch/informationen/weisungen/arbeitsanleitungen/index.php.
unter Hinweise auf arbeitsmarktpolitische Instrumente.

Zu 8. a):
Entfällt.

Zu 12.:
Der Senat hat sich hiermit nicht befasst.

Anmerkung von Vermittlungsgutschein.info

Hier der Direktlink zur erwähnten PDF-Datei, in der die „ermessenslenkende Weisung“ konkretisiert wird: Download „Hinweise auf arbeitsmarktpolitische Instrumente“ (leider nicht mehr aktiv)

Daraus der für den Vermittlungsgutschein relevante Abschnitt f)

Angesichts der verbesserten Situation auf dem Arbeitsmarkt und der planerischen Rahmenbedingungen im Eingliederungshaushalt von team.arbeit.hamburg sind steuernde Maßnahmen erforderlich, um der steigenden Inanspruchnahme des VGS (§ 421g SGB III) zu begegnen.

Vermittlungsgutscheine werden ab 01.12.2010 ausschließlich an arbeitsuchende und arbeitslose Kunden von team.arbeit.hamburg ausgegeben, mit mindestens 3 Handlungsbedarfen aus 2 verschiedenen Schlüsselgruppen, die das Ziel der Aufnahme einer Beschäftigung auf dem 1. Arbeitsmarkt hat. VGS können daher nur an Kunden mit einer komplexen Profillage ausgehändigt werden. Im Übrigen sind die gesetzlichen Regelungen zum VGS zu beachten.

Wir meinen: Die Zeiten für Arbeitsvermittler in Hamburg (und nicht nur da) werden härter. Die „verbesserten Situation auf dem Arbeitsmarkt“ würde also zu einer steigenden Inanspruchnahme des VGS führen – diese Begründung widerspricht nicht nur jeder Logik, sondern läuft auch dem Ziel des Vermittlungsgutscheins entgegen, Menschen schneller in Beschäftigungsverhältnisse zu führen.

Institut der deutschen Wirtschaft: Wartezeit für VGS sollte wegfallen

Das arbeitgebernahe Institut der deutschen Wirtschaft Köln (IW) hat in einer Meldung, die sich auf die veröffentlichte und hier bereits vorgestellte Studie zum Vermittlungsgutschein bezog, für einen Wegfall der Wartezeit plädiert, ab der ein Vermittlungsgutschein beantragt werden darf.

Institut der deutschen Wirtschaft in Köln
Institut der deutschen Wirtschaft in Köln

Nach der derzeitigen Rechtslage besteht für Arbeitslosengeld-1-Bezieher (ALG1) nur dann ein Rechtsanspruch auf den Vermittlungsgutschein, wenn sie vor der Beantragung mindestens zwei Monate arbeitslos gemeldet waren. Die zweimonatige Wartefrist wird ab 2011 auf sechs Wochen reduziert. „Im Interesse einer zügigen Vermittlung wäre allerdings die ersatzlose Streichung der Wartezeit die beste Lösung“, so das IW.

Hier finden Sie die aktuellen Voraussetzungen für den Vermittlungsgutschein in unserer Inforubrik.

In der Meldung wird auch darauf Bezug genommen, dass sich Private Vermittler in ihrer Arbeit oft behindert fühlten. Diese argumentierten, dass die bürokratischen Hürden zur Einlösung der Gutscheine bei einer erfolgreichen Vermittlung unnötig hoch seien. Zudem sei die Vergütung für die Vermittlung schwieriger Fälle zu niedrig und obendrein seit der Einführung des Instruments im Jahr 2002 nicht angehoben worden.

Das IW weist ferne darauf hin, dass der Vermittlungsgutschein im Portfolio der arbeitsmarktpolitischen Instrumente  ein Nischendasein führe: Von den Gesamtausgaben für arbeitsmarktpolitische Maßnahmen in Höhe von insgesamt 16,8 Milliarden Euro entfallen darauf ganze 45 Millionen Euro. Hier finden Sie die zitierte Meldung des Institut der deutschen Wirtschaft zum Vermittlungsgutschein.

Dem IW-Standpunkt wird sich vermutlich jeder Arbeitsvermittler anschließen können. Die Wartezeiten erhöhen letztlich nur die Arbeitslosenzahlen, und jeder Monate, den ein Arbeitssuchender ohne Beschäftigung in der Warteschleife verbringt, reduziert dessen Chancen auf eine Festanstellung.

Studie zum Vermittlungsschein

Studie Vermittlungsgutschein des IAB
Studie Vermittlungsgutschein des IAB

Das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) der Bundesagentur für Arbeit hat vor ein paar Tagen eine sehr interessante und ausführliche Studie zum Vermittlungsgutschein veröffentlicht. Jeder, der professionell mit dem Vermittlungsgutschein in Berührung kommt oder sich einfach für dieses Instrument der Arbeitsmarktpolitik interessiert, sollte sich die Studie einmal durchlesen:

Hier gibt es die Studie des IAB zum kostenlosen Download.

Ein paar erste Erkenntnisse: Seit 2004 wurden jährlich zwischen 50.000 und 68.000 Vermittlungsgutscheine eingelöst. Das sind weniger als 10 Prozent der ausge­gebenen Vermittlungsgutscheine.
Eine Beschäftigung wird oft ohne seine Nutzung aufgenommen. Inhaber von Gutschei­nen waren eher Arbeitslose mit besse­ren Beschäftigungschancen. Diese Positivauswahl hat sich zwischen
2004 und 2007 verstärkt.

Einige Ergebnisse der Studie

Der Vermittlungsgutschein scheint im Osten der Republik besser zu funktionieren, Hartz-IV-Empfänger sind jedoch eine eher schlechte Kundschaft für Arbeitsvermittler, da Sie öfter die neue Stelle abbrechen:

Ostdeutsche Arbeitslose haben eine höhere Wahrscheinlichkeit als westdeutsche, sowohl einen VGS zu erhalten als auch einen Job mit Ein­ lösung des Gutscheins anzutreten. Arbeitslosengeld-II-Empfänger
haben dieselben Chancen auf einen Job mit Einlösung des Gutscheins wie andere Arbeitslose. Sie blei­ben nach der Einlösung jedoch mit geringerer Wahrscheinlichkeit für mindestens ein halbes Jahr be­schäftigt.

Der Vermittlungsgutschein ist derzeit befristet – bis zum Ende des nächsten Jahres (2011) wird er auf jeden Fall noch ausgegeben, danach könnte er ins Regelinstrumentarium übernommen werden.

Die geringe Einlösungsquote der Vermittlungsguscheine von 7 bis 9 Prozent erklärt die Studie folgendermaßen:

Arbeitslosengeld-II-Empfänger haben dieselben Chancen auf einen Job mit Einlösung des Gutscheins wie andere Arbeitslose. Sie blei­ben nach der Einlösung jedoch mit geringerer Wahrscheinlichkeit für mindestens ein halbes Jahr be­schäftigt.
Aufseiten der privaten Arbeitsvermittlungen bestehen Selektionsmechanismen, die systematisch zum Ausschluss bzw. zur Aufwandsminimierung für manche Gruppen von Arbeitslosen führen. Viele Gutscheininhaber suchen sich deshalb selbst eine Stelle oder finden sie mit Unterstützung der Arbeitsagentur oder Grundsicherungsstelle. Ihre Zahl übersteigt zu jeder Zeit die Zahl derjenigen, die mit Einlösung des Gutscheins einen neuen Job finden.

Die Studie liefert so viele Daten für den Vermittlungsgutschein und dessen Einsatz von 2004 bis heute, dass wir sie sicherlich in ein paar weiteren Beiträgen noch etwas genauer auswerten werden. Die Autoren Sarah Bernhard und Dr. Thomas Kruppe, beide wissenschaftliche Mitarbeiter im Forschungsbereich „Arbeitsförderung und Erwerbstätigkeit“ im IAB, haben eine sehr gute Untersuchung verfasst.

BA-Chef Frank Weise zur Zuwanderungsdebatte

In einem Interview, das er der Süddeutschen Zeitung gegeben hat, bezieht der Vorstandsvorsitzende der Bundesagentur für Arbeit, Frank-Jürgen Weise, Stellung in der aktuellen Debatte um Zuwanderung nach Deutschland und die Integration von Migranten in den deutschen Arbeitsmarkt.

Frank Weise, Chef der Bundesagentur für Arbeit
Frank Weise, Chef der Bundesagentur für Arbeit (Foto:BA)

Weise, der unlängst als Chef der Reformkommission mit der Bundeswehr neben seinem Hauptjob die wichtige Aufgabe übernahm, beim Umbau der deutschen Streitkräfte ein tragfähiges Konzept zu entwickeln, ist in der deutschen Medienöffentlichkeit ein eher seltener Gast. Talkshows, so bekennt er, erntsprächen nicht seinem Typ:

Ich spreche in Berlin offen und klar die Themen der Bundesagentur an, aber nicht öffentlich. Hat die Politik entschieden, ist es mein Job, das ordentlich umzusetzen, die BA zu führen und dafür zu sorgen, dass unsere Leute kompetent, freundlich, schnell und hilfsbereit zu den Kunden sind.

Im Interview mit der Süddeutschen Zeitung bezieht er jedoch offen Position und gibt sich auch durchaus selbstkritisch, etwa was den immer noch nicht abgeschlossenen Reformprozess der Bundesagentur für Arbeit angeht:

In unserer Kernaufgabe, der Beratung und Vermittlung, ist unsere Organisation noch nicht überall gleich gut und leistungsfähig. Da gibt es noch zu große Leistungsunterschiede, unabhängig von regionalen Besonderheiten.

Weise lehnt es ab, in der gegenwärtigen Zuwanderungsdebatte von einem entweder-oder zu sprechen: Entweder eine stärkere Förderung der hier lebenden Menschen, die auf dem Arbeitsmarkt keine Chancen haben, oder ein verstärkte Zuwanderung, um den Bedarf an Arbeitskräften zu decken:

Sie bauen da einen künstlichen Gegensatz auf: Wir müssen Langzeitarbeitslosen Qualifikationen und Sprachkenntnisse so vermitteln, dass sie ins Erwerbsleben kommen. Fachkräfte für sehr qualifizierte Jobs sind allerdings aus dieser Gruppe kaum zu gewinnen.

Der BA-Chef weist auch auf demografische Ralitäten ein, die man nicht außer Acht lasse dürfe:

Hinzu kommt der demografische Effekt: Heute haben wir 44 Millionen Erwerbsfähige, ohne Zuwanderung werden es 2050 etwa 26 Millionen sein. Deshalb brauchen wir auch eine gesteuerte Zuwanderung, etwa mit Hilfe eines Punktesystems wie in Kanada, um ausländische Abschlüsse besser bewerten zu können. Ich warne aber davor, die Wirkung zu überschätzen. Warum sollte jemand, der richtig gut qualifiziert ist, ausgerechnet zu uns kommen? Viele Firmen sind im Ausland aktiv und bieten dort auch interessante Jobs an.

Angesichts von akuten Risiken für den deutschen Arbeitsmarkt wie das gigantische Haushaltsdefizit in den USA und die Länderrisiken im Euro-Raum warnt er davor, angesichts einer im Oktober vermutlich unter die drei-Millionen-Grenze sinkenden Arbeitslosenzahl in Jubel zu geraten. Weise weiter:

Außerdem erleben wir gerade einen Abbau von Arbeitsplätzen im verarbeitenden Gewerbe. Das betrifft Gutverdiener, mittleres Alter, mit Eigenheim und Hypotheken. Wir haben im Moment Strukturprobleme, und ich sehe auch nicht, dass sie gelöst werden, denn die Unternehmen bauen neue Standorte eher im Ausland auf und nicht hier.

Weises Vertrag mit der Bundesagentur für Arbeit endet 2012. Ob er bereit ist, diesen zu verlänger, ließ Weise im Interview offen.

Hier das gesamte Interview mit Frank Weise auf www.sueddeutsche.de

Von der Leyen: Arbeitsmarkt auf Vorkrisenniveau

Arbeitsministerin Ursula von der Leyen zeigt sich optimistisch: Sie sieht den deutschen Arbeitsmarkt „so gut wie auf Vorkrisenniveau“. In ihrem Statement zu den Arbeitsmarktzahlen für den Monat August 2010 wies die Ministerin darauf hin, dass die Krise noch noch nicht vorbei sei. Der Rückgang der Arbeitslosigkeit gestalte sich jedoch beständig. Ingesamt hätte noch vor einem Jahr niemand mit einer solch guten Lage auf dem Arbeitsmarkt rechnen können.

Von der Leyen unterstrich den Rückgang der Kurzarbeit. Im Juni 2010 waren nur noch 400.000 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer im Rahmen dieser subventionierten Arbeitsverhältnisse in ihren Betrieben angestellt, was in etwa einem Viertel des Höchstwertes entspricht.

Von der Leyen wies auch auf die Ergebnisse der Betriebsbefragungen des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) hin. Danach lag das gesamtwirtschaftliche Arbeitsangebot für den ersten Arbeitsmarkt im zweiten Quartal 2010 bei 805.000 Stellen. Das waren 97.000 oder 14 Prozent mehr als vor einem Jahr.

Vermittlung durch Globalisierungsfonds bei Karmann erfolgreich?

Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales hat das Förderprojekt zugunsten ehemaliger Beschäftigter des insolventen Autozulieferers Karmann nach eigenen Angaben erfolgreich abgeschlossen. „Die Investition von 6,2 Millionen Euro aus Brüssel und zusätzlichen Bundesmitteln hat sich gelohnt“, sagte der zuständige Staatssekretär im Bundesministerium für Arbeit und Soziales, Gerd Hoofe:

„Ich freue mich sehr, dass rund 640 ehemalige Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer von Karmann mit Unterstützung des Europäischen Globalisierungsfonds erfolgreich in neue Jobs vermittelt werden konnten. Das zeigt: Gute Fachkräfte haben auch in wirtschaftlich schwieriger Zeit gute Chancen. Wir erwarten, dass die Vermittlungsquote in den kommenden drei Monaten noch deutlich steigt. Die Unterstützung aus Brüssel hat den Standort Osnabrück gestärkt. Das Ergebnis zeigt aber auch, dass eine enge Vernetzung der Akteure in Qualifizierung, Vermittlung und Beratung ein Garant für eine nachhaltige Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt ist.“

Mitte August 2009 hatte die Bundesregierung für rund 1.800 ehemalige Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer von Karmann bei der Europäischen Kommission einen Antrag auf Unterstützung aus dem Europäischen Globalisierungsfonds (EGF) gestellt. Der traditionsreiche Automobilzulieferer hatte im April des gleichen Jahres Insolvenz anmelden müssen, was zu einem großen Medienecho geführt hatte.

Die Mittel aus dem EGF, die die EU-Kommission bewilligt hatte, wurden durch zusätzliche Bundesmittel auf 9,5 Millionen Euro aufgestockt. Damit konnte die Qualifizierung und Betreuung der entlassenen Mitarbeiter deutlich vertieft und um ein halbes Jahr bis Ende Juni 2010 ausgeweitet werden. Zwischen Dezember 2008 und Juli 2009 hatte das Unternehmen Karmann rund 2.500 Beschäftigte an den Standorten Osnabrück und Rheine entlassen. Knapp 1800 waren daraufhin in eine Transfergesellschaft gewechselt.

Den Betroffenen konnten Qualifizierungen und Umschulungen angeboten werden. Neben klassischen Weiterbildungen wie zum Beispiel zum Finanz- und Lohnbuchhalter, Fernfahrer, Schweißer, Dreher oder Fräser wurden auch Energietechniker und -manager ausgebildet. Einigen konnte der Aufstieg zum Techniker oder zur Meisterschule eröffnet werden. Die in Osnabrück und Rheine durchgeführten EGF-Maßnahmen konzentrierten sich auf die Beschäftigten ohne Berufsabschluss. Bis jetzt haben über ein Drittel (38 Prozent) der Arbeitsuchenden direkt aus der Transfergesellschaft den Wiedereinstieg in Arbeit geschafft.

Sicherlich ist der Vermittlungserfolg zu begrüßen. Vergleichen mit den Finanzmitteln, die für Vermittlungsgutscheine eingesetzt werden, waren die Kosten jedoch um ein Vielfaches höher. Teilt man die 9,5 Millionen Euro, die für das Projekt eingesetzt wurden, durch die Zahl der vermittelten Arbeitnehmer, so ergeben sich Kosten von knapp 15.000 Euro pro Vermittlung. Und hierbei ist noch nicht gesichert, dass der Vermittlungserfolg auch nachhaltig ist – beim Vermittlungsgutschein wird dies durch die 6-Monats-Regelung zumindest ansatzweise erreicht.

Auch bei einer etwas weniger strengen Umrechnung der Kosten auf alle betreuten und qualifizierten Arbeitssuchenden kommt man noch auf Kosten von 5.200 Euro pro Betreuung. Aus den Informationen des BMAS lässt sich zugegebenermaßen jedoch nicht entnehmen, wie hoch der eigentliche „Vermittlungsanteil“ der eingesetzten Gelder war und in welcher Höhe die Fortbildungskosten ausfielen. Es scheint jedoch so, dass hier aus einer bestimmten politischen Motivation heraus (NRW-Wahl ?) für einige wenige Arbeitssuchende eine besonders teure Vermittlung finanziert wurde – was nicht zwangsläufig bedeutet, dass diese auch qualitativ höherwertiger als andere Angebote ausgefallen ist.

Kabinettsklausur: Arbeitsagentur muss sparen

Heute ist die Kabinettsklausur der Bundesregierung zu Ende gegangen. In einem Eckpunktepapier sind die Einsparungsvereinbarungen skizziert. Insgesamt summieren sich die Einsparungen auf 80 Milliarden Euro bis zum Jahr 2014.

Hier ein Auszug aus dem Eckpunktepapier:

6. Stärkung der Autonomie der Bundesagentur für Arbeit

Die Bundesregierung wird die Autonomie der Bundesagentur für Arbeit stärken. Dies wird mit einer höheren Flexibilität bei der Ausgestaltung der Arbeitsmarktprogramme hin zu mehr Ermessensleistungen eingehen.
Das System der Arbeitslosenversicherung wird so aufgestellt werden, dass es mittel- und langfristig ohne Darlehen oder Zuschüsse aus dem Bundeshaushalt wirtschaften kann. Unterjährigen Liquiditätsbedarfen soll die Bundesagentur für Arbeit durch die Möglichkeit eigener kurzfristiger Kreditaufnahme begegnen können.

Auch in Punkt 3 wird bereits auf die zukünftige Arbeitsmarktpolitik eingegangen:

Durch optimierte Vermittlung und die Rückwirkungen der demografischen Entwicklung auf den Arbeitsmarkt wird sich mittelfristig eine Belebung des Arbeitsmarktes im SGB II Bereich ergeben. Dies schlägt sich im Bundeshaushalt mit zusätzlichen Einsparungen ab dem Jahr 2013 nieder.

Unsere Meinung: Der Vermittlungsgutschein der Arbeitsagentur findet im Sparpapier keine Erwähung. Bis die grundlegenden Vereinbarungen jedoch in fertigen Gesetzen ihren Abschluss finden, kann aber noch viel passieren… Wobei eine „optimierte Vermittlung“ unserere Meinung nach noch stärker auf den Vermittlungsgutschein setzen sollte. Die Bundesarbeitsministerin von der Leyen wird in den nächsten Tagen hoffentlich zu einer Klärung der offenen Fragen beitragen.

Kabinettsklausur – wo wird bei der Arbeitsagentur gespart?

Am Sonntag und Montag kommt das Bundeskabinett zu einer Klausur im Bundeskanzleramt zusammen. Hierbei wird die Bundesregierung über die Eckpunkte der Haushaltsplanung für 2011 sowie über die mittelfristige Finanzplanung beraten. Im Bundeshaushalt müssen mit Blick auf die Schuldenbremse und den Europäischen Stabilitäts- und Wachstumspakt erhebliche Konsolidierungsschritte erfolgen.

Es ist klar, dass auch auf den größten Einzelhaushalt (Volumen des Einzelplan 11: 127,9 Mrd. Euro für das Jahr 2009), den für Arbeit und Soziales, erhebliche Einschnitte zukommen werden. In welchen Bereichen gespart werden muss, ist noch vollkommen offen. Bundesarbeitsministerin von der Leyen wies in ihrer Kommentierung der erfreulichen Arbeitsmarktzahlen für den Monat Mai () darauf hin, dass die stabile Lage am Arbeitsmarkt kein Selbstläufer sei und der Strukturwandel unabhängig von der wirtschaftlichen Lage fortschreite.

Um diese Riesenaufgabe zu bewältigen, brauchen wir auch künftig eine leistungsfähige und effiziente Arbeitsvermittlung.

Die arbeitsmarktpolitischen Mittel der Bundesagentur für Arbeit sind ein so großer Haushaltsposten, dass man hier an Einschnitten nicht vorbeikommen wird. Ob auch der Vermittlungsgutschein hiervon betroffen sein wird, bleibt abzuwarten. Seine hohe Wirksamkeit und das verglichen mit anderen Mitteln, z.B. dem Bildungsgutschein, geringe Volumen sollten die möglichen Sparforderungen etwas relativieren. Die Ergebnisse der Kabinettsklausur werden mit Spannung erwartet – nicht nur bei der Arbeitsagentur.

Positiver Trend am Arbeitsmarkt setzt sich fort

Die Lage auf dem deutschen Arbeitsmarkt hat sich auch im April weiter entspannt. So fiel die Zahl der Arbeitslosen nach Angaben der Bundesagentur für Arbeit (BA) um 162.000 auf 3.406 Millionen. Saisonbereinigt lies sich eine konjunkturbedingte Abnahme der Arbeitslosigkeit um 68.000 verzeichnen. Im Vergleich zum Vorjahresmonat bedeutete dies einen Rückgang von 178.000 Erwerbslosen. Die Arbeitslosenquote sank im gegenüber März 2010 um 0,4 Prozentpunkte und lag im April demzufolge bei 8,1 Prozent.

Die Zahl der Arbeitslosen ist damit bereits zum zweiten Mal in Folge gesunken. Bereits im März dieses Jahres registrierte die Bundesagentur für Arbeit eine Abnahme der Arbeitslosenzahl um rund 75.000.

Grund für den laut BA-Chef Frank-Jürgen Weise „unerwartet kräftigen Frühjahrsaufschwung“ sei vor allem die konjunkturbedingte Verbesserung am Arbeitsmarkt. Des Weiteren habe es sich in der Statistik bemerkbar gemacht, dass die Osterferien in diesem Jahr bereits vor dem Stichtag geendet haben. So würden viele Unternehmen das Einstellen von neuen Arbeitskräften bis an das Ferienende hinauszögern, was sich in den letzten Jahren negativ auf die Arbeitsmarktstatistiken des April-Monats ausgewirkt habe. Zudem ließen die Maßnahmen der Kurzarbeit die Auswirkungen der Krise weiterhin moderat ausfallen.

Auch die Daten der gemeldeten Stellen verzeichnen nach Angaben der Bundesagentur für Arbeit einen positiven Trend. So hat das gemeldete Stellenangebot (einschließlich der geförderten Stellen) saisonbereinigt um rund 8.000 zugenommen. Bei den ungeförderten Stellen wurde ein saisonbereinigter Zuwachs von 10.000 registriert. Im Vergleich zum Vorjahresmonat stiegen die nicht saisonbereinigten Monatsdaten der geförderten und nicht geförderten Stellen somit um jeweils 22.000.

Eine ebenfalls positive Tendenz weisen die Daten der Erwerbstätigkeit auf. In dem Zeitraum von Februar bis März 2010 stieg die Zahl der Beschäftigten um 10.000, die sozialversicherungspflichtige Beschäftigung nahm sogar um 14.000 zu. Im Vergleich zum Vorjahresmonat bedeutete dies allerdings einen Rückgang von 74.000, die Zahl der Erwerbstätigen verringerte sich um rund 86.000.

Die Tatsache, dass die Abnahme der Beschäftigungszahlen nicht deutlicher ausgefallen ist, sei nach Angaben der Bundesagentur für Arbeit vor allem der noch steigenden Teilzeitbeschäftigung zu verdanken.

Vermittlungsoffensive für Hartz-IV-Empfänger

Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) hat eine groß angelegte Vermittlungsoffensive angekündigt. Mit einer Reihe von arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen soll vor allem alleinerziehenden Müttern, Jugendlichen und älteren Menschen unter die Arme gegriffen werden. „Jetzt werfen wir den Blick auf die Gruppen, die vom letzten Aufschwung vor der Krise nicht profitiert haben“, sagte von der Leyen gegenüber der Tageszeitung „Die Welt“.

Ministerin Ursula von der leyen (Foto: Bundesministerium für Arbeit und Soziales)
Ministerin Ursula von der Leyen (Foto: Bundesministerium für Arbeit und Soziales)

So sollen die Jobcenter alleinerziehende Mütter mit Hartz-IV-Bezug dabei unterstützen, die Betreuung ihrer Kinder zu organisieren, indem sie beispielsweise bei der Vermittlung einer Tagesmutter oder eines Kita-Platzes helfen. Da mehr als die Hälfte der rund 600.000 Alleinerziehenden in Deutschland die finanzielle Unabhängigkeit ohne Hartz-IV anstrebt, könne man vielen Müttern mit dieser Maßnahme einen Wiedereinstieg in das Berufsleben ermöglichen.

Das geplante Förderprogramm für Jugendliche setzt ähnliche Schwerpunkte. So soll jungen Hartz-IV-Empfängern künftig innerhalb von sechs Wochen ein Arbeits- oder Ausbildungsplatzangebot unterbreitet werden. „Keine Seite darf sich an Arbeitslosigkeit gewöhnen – nicht die Jugendlichen und auch nicht die Behörde“, sagte von der Leyen im Interview. Zudem soll jedem Jugendlichen ein „Coach“ zur Verfügung gestellt werden, der beim Übergang von der Schule in den Beruf unterstützend zur Seite steht.

Für die rund 1,2 Millionen Arbeitslosen, die über 50 Jahre alt sind, plant die Bundesarbeitsministerin gezielte Weiterbildungsmaßnahmen. Falls im Anschluss daran trotzdem kein Wiedereinstieg in das Berufsleben in Aussicht steht, komme jedoch auch eine öffentliche Beschäftigung nach dem Vorbild der Bürgerarbeit in Betracht.

Das „Innovationspaket“ der CDU-Politikerin beschränkt sich jedoch nicht nur auf Hartz-IV-Empfänger. So soll beispielsweise auch Arbeitnehmern geholfen werden, die nach der „Methode Schlecker“ entlassen und später „quasi durch die Drehtür zu schlechteren Bedingungen wieder eingestellt werden“.

Zwar hoffe von der Leyen, dass das Problem der Zeitarbeit innerhalb Branche gelöst werden kann, wenn dieser Fall jedoch nicht eintritt, müsse der Gesetzgeber die Arbeitnehmer künftig vor dem „Drehtüreffekt“ schützen.

Zudem verteidigte von der Leyen die bis März 2012 verlängerte Förderung der Kurzarbeit. So habe die Kurzarbeit in Zeiten der Krise rund 300.000 Arbeitsplätze sichern können.

Dieses Prinzip sei zwar keine dauerhafte Lösung, doch dürfe man die Subventionen auf keinen Fall von heute auf morgen streichen. „Es ist wie bei der Therapie einer Krankheit. Wenn man zu früh abbricht, zerstört man alles, was man zuvor geschaffen hat“ erklärte die Ministerin.