Da wir jetzt mehrmals Anfragen von privaten Arbeitsvermittlern zum Zulassungsprozedere erhalten haben, möchten wir dies nun einmal in einem vollständige Leitfaden Schritt für Schritt erklären.
Wer als private Arbeitsvermittlung (pAV) mit der Bundesagentur für Arbeit zusammenarbeiten und etwa AVGS abrechnen möchte, benötigt eine Trägerzulassung nach AZAV (Akkreditierungs- und Zulassungsverordnung Arbeitsförderung). Diese Zulassung bestätigt Leistungsfähigkeit, Zuverlässigkeit und ein tragfähiges Qualitätsmanagement. Was formal klingt, lässt sich mit einem klaren Plan gut bewältigen. Dieser Leitfaden führt Schritt für Schritt durch den Prozess – von der Vorbereitung bis zur Überwachung nach der Zertifikatserteilung.
Was ist die AZAV und warum ist sie unverzichtbar?
Die AZAV regelt, unter welchen Bedingungen Träger in der Arbeitsförderung zugelassen werden. Für Arbeitsvermittlungen ist die Trägerzulassung der Schlüssel, um vermittlungsbezogene Leistungen – insbesondere im Rahmen des AVGS-MPAV – mit der öffentlichen Hand abzurechnen. Gleichzeitig dient das Zertifikat als Qualitätsnachweis gegenüber Bewerberinnen und Bewerbern sowie Arbeitgebern und stärkt das Vertrauen in Prozesse, Datenschutz und Professionalität.
Träger- oder Maßnahmezulassung: Was brauchen Vermittler wirklich?
In der Praxis reicht für private Arbeitsvermittlungen in der Regel die Trägerzulassung im Fachbereich der erfolgsbezogenen Vermittlung aus. Eine Maßnahmezulassung wird erst dann relevant, wenn zusätzlich Trainings, Coachings oder andere förderfähige Maßnahmen angeboten werden sollen. Dann wird die Zulassung wesentlich komplizierter und teurer. Wer ausschließlich vermittelt, startet sinnvollerweise mit der Trägerzulassung und erweitert den Geltungsbereich später, falls neue Leistungsangebote dazukommen.
Der Ablauf von der Idee bis zum Zertifikat
Am Anfang steht die Entscheidung für den passenden Fachbereich. Es folgt die Auswahl einer fachkundigen Stelle (FKS), also einer akkreditierten Zertifizierungsstelle, die das Verfahren durchführt. Parallel dazu setzen Sie ein Qualitätsmanagementsystem auf, dokumentieren Abläufe und Zuständigkeiten und stellen die erforderlichen Nachweise zusammen. Nach der Einreichung prüft die FKS zunächst die Dokumente und führt anschließend ein Vor-Ort-Audit durch. Sind eventuelle Abweichungen fristgerecht behoben, wird das Zertifikat erteilt. Es gilt in der Regel fünf Jahre, begleitet von jährlichen Überwachungsaudits und einer Rezertifizierung zum Zyklusende.
Die richtige fachkundige Stelle auswählen
Bei der Wahl der FKS lohnt es sich, Angebote zu vergleichen und auf Branchenkenntnis mit Arbeitsvermittlungen zu achten. Wichtig sind nachvollziehbare Tagessätze, transparente Angaben zu Nebenkosten und eine realistische Schätzung der Auditzeit. Ebenso zählt die Terminsicherheit, insbesondere wenn interne Meilensteine und geplante AVGS-Aktivitäten aufeinander abgestimmt werden sollen. Wer mehrere Standorte hat oder aus dem Ausland agiert, klärt frühzeitig, wie Vor-Ort-Prüfungen organisiert werden und welche Sprachen im Audit möglich sind.
Qualitätsmanagement pragmatisch aufsetzen
Das QM-System ist das Herzstück der Zulassung – und es muss gelebt werden. Formulieren Sie ein kurzes Leitbild und messbare Qualitätsziele, beschreiben Sie den Kernprozess vom Erstkontakt über Matching und Arbeitgeberansprache bis zur Dokumentation des Vermittlungserfolgs und definieren Sie Verantwortlichkeiten mit klaren Vertretungsregeln. Halten Sie Qualifikationen und Fortbildungen Ihres Teams fest, etablieren Sie ein schlankes Beschwerde- und Korrekturverfahren und legen Sie Kennzahlen fest, etwa zu Vermittlungsquoten oder Durchlaufzeiten. Datenschutz und IT-Sicherheit gehören in jeden Prozessschritt: von Einwilligungen über Auftragsverarbeitungsverträge bis zu Löschkonzepten. Eine ISO 9001 kann hilfreich sein, ist aber nicht zwingend erforderlich – entscheidend ist die AZAV-Konformität.
Welche Unterlagen Auditorinnen und Auditoren sehen wollen
Für das Auditpaket bündeln Sie Unternehmensnachweise wie Rechtsform, Register- oder Gewerbeeintrag, Versicherungen und eine solide Finanzdarstellung. Ergänzend benötigt die FKS ein Organigramm, Stellenprofile und Ihr QM-Handbuch mit Prozessbeschreibungen und Vorlagen. Fügen Sie Musterverträge für die Vermittlung und ggf. Kooperationsvereinbarungen mit Arbeitgebern bei, dokumentieren Sie Qualifikationen und Berufserfahrung des Teams und legen Sie Ihre Datenschutzunterlagen vor. Ziel ist Nachvollziehbarkeit: Die Auditorin oder der Auditor muss erkennen, dass Ihr System in der Praxis funktioniert und die Qualität dauerhaft gesichert ist.
So läuft das Audit ab
Die Prüfung startet mit einer Dokumentenbewertung. Dabei überprüft die FKS, ob Ihre Unterlagen die AZAV-Anforderungen vollständig und konsistent abbilden. Anschließend folgt das Vor-Ort-Audit, bei dem Interviews mit der Leitung und den Vermittlerinnen und Vermittlern geführt, Prozesse nachverfolgt und Stichproben in Akten gezogen werden. Empfehlenswert ist ein internes „Generalproben-Audit“, bei dem Sie Abläufe einmal real nachspielen, Dokumente griffbereit halten und typische Fragen durchgehen. Häufig auftretende kleinere Abweichungen – etwa unvollständige Schulungsnachweise – lassen sich mit klaren Korrekturmaßnahmen zügig schließen.
Nach dem Audit ist vor der Überwachung
Mit dem Zertifikat beginnt die Phase der Überwachungsaudits, die sicherstellen, dass Ihr System auch im Alltag stabil läuft. Bleiben Sie deshalb nah an Ihren Prozessen, aktualisieren Sie Dokumente, protokollieren Sie Schulungen und werten Sie Beschwerden sowie Kennzahlen regelmäßig aus. Melden Sie wesentliche Änderungen wie Leitungswechsel, neue Standorte oder eine Erweiterung des Geltungsbereichs frühzeitig an die FKS. Zur Rezertifizierung nach fünf Jahren wird der Ablauf – in verkürzter Form – wiederholt.
Was die Zulassung für AVGS praktisch bedeutet
Mit der Trägerzulassung können Sie Vermittlungserfolge aus AVGS-MPAV abrechnen. Voraussetzung ist, dass die Zulassung zu drei Zeitpunkten besteht: beim Abschluss des Vermittlungsvertrags, bei der Vermittlung und bei der Arbeitsaufnahme. Zudem muss es sich um eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung handeln, die entsprechend nachgewiesen wird. Zahlungen vom Bewerber oder der Bewerberin sind nicht vorgesehen; die Abrechnung erfolgt über den Gutschein. In der Praxis hat es sich bewährt, die erforderlichen Arbeitgeberbestätigungen frühzeitig anzukündigen und Vorlagen bereitzustellen, damit der Nachweisprozess reibungslos läuft.
Typische Stolpersteine – und die bessere Alternative
Viele Probleme entstehen, wenn das QM nur auf dem Papier existiert.
- Binden Sie das Team deshalb von Anfang an ein, erklären Sie die Ziele und üben Sie die Abläufe.
- Achten Sie darauf, dass Verträge rechtlich sauber formuliert sind und keine unzulässigen Klauseln enthalten.
- Kennzahlen sollten nicht nur gesammelt, sondern auch bewertet und in Verbesserungsmaßnahmen überführt werden.
- Und behandeln Sie den Datenschutz nicht als Anhängsel, sondern als Querschnittsaufgabe: vom ersten Kontakt bis zur Löschung nach Abschluss der Vermittlung.
Zeit- und Budgetplanung realistisch angehen
Für die interne Vorbereitung – inklusive Dokumentation und „Generalprobe“ – sollten je nach Ausgangslage sechs bis zehn Wochen eingeplant werden. Die externen Termine hängen von der Verfügbarkeit der FKS ab. Kosten ergeben sich aus Tagessätzen für Auditzeit, ggf. Zertifikats- und Reisekosten sowie – falls gewünscht – einer externen Beratung für den Aufbau des QM-Systems. Trennen Sie diese Posten sauber, um den Überblick zu behalten und nicht an der falschen Stelle zu sparen.
Kompakte Handlungsanleitung zum Mitnehmen
Definieren Sie Ihren Geltungsbereich und holen Sie zwei bis drei Angebote von fachkundigen Stellen ein. Bauen Sie ein schlankes, praxistaugliches QM-System auf, das Ihre realen Prozesse abbildet, und schließen Sie die Datenschutzdokumentation ab. Prüfen Sie Musterverträge, bündeln Sie Nachweise zu Team, Finanzen und Netzwerkpartnern, führen Sie ein internes Pre-Audit durch und reichen Sie die Unterlagen ein. Nach dem Vor-Ort-Audit beheben Sie eventuelle Abweichungen zeitnah, erhalten das Zertifikat und integrieren Überwachung und Kennzahlenreviews fest in den Jahreszyklus.
Keine Angst – es ist machbar!
Die AZAV-Trägerzulassung ist weniger Hürde als Rahmen, der Ihrer Vermittlung Struktur, Transparenz und Glaubwürdigkeit gibt – und den Zugang zum AVGS-Geschäft eröffnet. Wer sauber vorbereitet, die passende FKS auswählt und sein Qualitätsmanagement im Alltag lebt, erreicht das Zertifikat zügig und hält die Qualität anschließend ohne großen Mehraufwand stabil. Und ja, es ist nicht ganz einfach – aber durch die Zertifizierung gewinnen Sie mit Ihrem Unternehmen auch an Akzeptanz und Seriosität, auch über den Bereich AZAV hinaus – sowohl gegenüber Kundenfirmen als auch gegenüber Kandidaten.